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Das Pilgerbüro in Santiago des Compostela hat 2016 die Ankunft von insgesamt 277854 Jakobspilgern verzeichnet. 277854 Menschen aller Altersklassen, die sich aus den unterschiedlichsten Beweggründen auf den Weg gemacht haben und auf den verschiedensten Routen zur Jakobusstatue in der Kathedral von Santiago gepilgert sind. Ich war einer davon.

Was mich genau auf den Weg getrieben hat, kann ich heute gar nicht mehr richtig sagen. Vielleicht war es die Suche nach Freiheit und das berühmte “zu sich selbst finden”. Auf meinem Blog Mini.Me. – Minimalismus & Green Lifestyle beschäftige ich mich auf jeden Fall schon seit langem mit Themen wie Einfachheit, Downshifting und dem Reduzieren von Dingen, die Stress verursachen. Eine Pilgerreise auf dem Jakobsweg, bei dem man sich auf das allernötigste Beschränken muss, war eigentlich die logische Konsequenz. Für alle, die mit dem Gedanken spielen, sich selbst einmal auf den Weg zu machen, ist dieser Gastbeitrag gedacht. Vielen Dank liebe Sophia, dass du mir einen Platz auf deinem schönen Blog eingeräumt hast.

JAKOBSWEG IN 3 WOCHEN – VON LÉON NACH SANTIAGO AUF DEM CAMINO FRANCES

Obwohl die Pilgerzahlen Jahr für Jahr steigen, ist das Vorhaben, auf dem Jakobsweg zu pilgern, noch immer etwas, was Unverständnis in anderen Menschen hervorruft. Ganz besonders bei Arbeitgebern. Der bekannteste Weg von Saint-Jean-Pied-de-Port in Frankreich bis nach Santiago de Compostela in Spanien – der Camino Frances – ist insgesamt rund 769 Kilometer lang. Für die gesamte Strecke braucht man, je nach Kondition, so ca. ab 30 Tagen aufwärts. Den meisten Arbeitgebern dreht sich dabei der Magen rum und auch mir war es absolut unmöglich, so viel Urlaub am Stück zu nehmen. Zum Glück ist es aber gar nicht nötig, den Jakobsweg im Kompletten zu laufen. Die Compostela – also die Bestätigung, dass man wirklich zu Fuß nach Santiago gelaufen ist – bekommt man schon, wenn man nachweisen kann, dass man die letzten 100 Kilo gepilgert ist (mit Pferd oder Fahrrad die letzten 200 km). Zeitlich gibt einem das einen guten Spielraum und man kann beispielsweise schon mit einem 3-wöchigen Urlaub ein gutes Stück des Weges erpilgern.

STRECKE – KILOMETER – ANREISE

Als Start einer solchen 3-wöchigen Pilgerreise bietet sich Léon an. Léon liegt in Kastilien und die Entfernung nach Santiago beträgt noch immer rund 316 km. Mit dem Flugzeug ist Léon eher nicht erreichbar, aber man kommt sehr günstig nach Madrid und kann von dort aus mit dem Bus nach Léon weiterfahren. Ab Léon geht es dann zu Fuß in ca. 13 Tagesetappen nach Santiago de Compostela. Die Wegstrecken pendeln sich pro Tag meist zwischen 20 und 25 Kilometer ein. Zunächst wandert man durch eine relativ karge Landschaft, kommt dann aber schnell in hügeliges Gelände. Es geht durch wunderschöne Weinberge, vorbei an idyllischen Flüssen und durch faszinierende Dörfer voll grandioser Architektur. Ab Galizien verändert sich die Landschaft dann drastisch, wird grüner und wilder. Und ehe man sich versieht, liegt Santiago auch schon vor einem.

KONDITION

Die Strecke zwischen Léon und Santiago ist sehr schön zu laufen, hat aber durchaus ein paar Abschnitte, die eine Herausforderung darstellen können. Man muss nicht topfit sein, aber man sollte sich darüber im Klaren sein, dass einige schwierige Etappen dabei sein. Wer das Wandern nicht gewöhnt ist, sollte auf einigen Etappen lieber etwas mehr Zeit einplanen.

PILGERALLTAG – SCHLAFEN – ESSEN – GEHEN

Das Netz an Pilgerherbergen ist auf der Strecke Léon nach Santiago sehr gut ausgebaut. Auch Supermärkte, Bars und Cafés gibt es auf der Strecke genügend. In der Regel sollte man keine Probleme haben wir, eine Unterkunft zu finden oder seine Vorräte an Essen und Getränken aufzufüllen.Die Unterkünfte selbst gibt es in nahezu allen Preis- und Komfortklassen. Von den Städtischen Unterkünften mit Massenschlafsäälen bis hin zu privat geführten Herbergen. Meist kommt man mit einem Preis von 5-10 Euro die Nacht gut hin. Auch die Verpflegung auf dem Weg ist günstig. In den meisten Unterkünften wird für kleines Geld ein üppiges Pilgermenü serviert und auch tagsüber kommt man günstig an einen Kaffee, ein Croissant oder an ein bisschen frisches Obst.

 

AUSRÜSTUNG

Als Ausrüstung für den Jakobsweg braucht man einen gut sitzenden Rucksack, Wanderschuhe, funktionale Kleidung und einen Schlafsack. Auch Wanderstöcke sind hilfreich. Beim Planen und auch bei Packen sollte man unbedingt nach der Devise “weniger ist mehr” vorgehen. Jedes Gramm zu viel muss man schwer auf dem Rücken tragen. Eine Packliste was ich alles dabei hatte, findet ihr auf meinem Blog unter folgendem Link: Packliste Jakobsweg 2016.

WEHWECHEN

So eine Pilgerreise ist kein Spass. Zumindest oft am Anfang nicht. Blasen an den Füssen, Probleme mit den Knien, Schulterschmerzen – Fast jeder plagt sich Anfangs mit dem ein oder anderen Zipperlein herum. Die gute Nachricht: Das geht alles vorbei. Und wenn man Abends in der Pilgerunterkunft ankommt, frisch geduscht ein kühles Bier trinkt und seine Nase in den Wind streckt, dann sind alle Strapazen direkt vergessen.

BEGEGNUNGEN / ERLEBNISSE

Der Jakobsweg hat seinen ganz eigenen Charme und jeder erlebt den Weg anders. Was alle Pilger verbindet ist ein Gefühl der Gemeinschaft. Jeder hilft jedem, man teilt, man verbringt Zeit zusammen, trennt sich wieder und läuft sich Tage später wieder über den Weg. Es entstehen Freundschaften, tiefe Verbindungen und dieser ganz besondere Camino Spirit ist ständiger Begleiter.

 

ANKOMMEN IN SANTIAGO UND RÜCKREISE

Nach über 300 Kilometern steht man plötzlich in Santiago vor der Kathedrale. So schnell der Weg begonnen hat, ist er auch schon wieder zu Ende. Nachdem man sich im Pilgerbüro seine Compostela abgeholt hat, ist es empfehlenswert, die große Pilgermesse in der Kathedrale zu besuchen. Das ist der perfekte Abschluss und man bekommt noch einen Segen mit auf den Weg. Auch ein Abstecher zur Jakobusstatue ist Pflicht in Santiago. Wer danach noch Zeit hat, kann sich Santiago noch 1 oder 2 Tage anschauen. Die Stadt ist sehr schön und man trifft immer wieder Leute, die man vom Weg noch kennt. Für die Rückreise nach Deutschland kann man einen Flieger direkt ab Santiago nehmen.

 

DIE ZEIT NACH DEM CAMINO

Die Zeit nach dem Camino ist eine ganz besondere. Es dauert, bis man wieder in seinen gewohnten Alltag findet und nicht selten fallen Pilger in ein regelrechtes Loch. All die Begegnungen und Erlebnisse fehlen einfach. Und auch die tägliche Bewegung. Wenn man sich auf den Weg macht, sollte man sich daher immer darauf gefasst machen, dass einen der Weg nie so wirklich wieder loslassen wird.

 

MEIN CAMINO

Für mich persönlich war die Pilgerreise auf dem Camino Frances eines der wichtigsten Erlebnisse meines bisherigen Lebens. Ich habe so viele vom Weg mit in meinen Alltag mitgenommen und es vergeht kaum eine Woche, in denen ich mit meinen Gedanken nicht irgendwo zwischen Léon und Santiago bin. Nächstes Jahr möchte ich mich direkt wieder auf die Reise machen. Dieses mal den portugiesischen Küstenweg von Porto nach Santiago. Und wenn auch Ihr jetzt Lust auf den Jakobsweg bekommen habt, dann gebe ich euch einen guten Rat mit auf den Weg: Nicht lang überlegen – tut es einfach. Selbst wenn ihr nur 3 Wochen Zeit habt.

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